
ElektroSpicker #061
Im Zertifizierungsdschungel den Überblick behalten
IM ZERTIFIZIERUNGSDSCHUNGEL DEN ÜBERBLICK BEHALTEN
Auf Verpackungen für Elektrogeräte und Elektroinstallationen gibt es immer mehr Siegel und Zertifizierungen.
Da den Überblick zu behalten ist schwer. Wo liegt der Unterschied bei den einzelnen Siegeln? Wie wertvoll sind nationale und internationale Zertifizierungen? Macht ein Siegel immer Sinn und bildet es Themen wie soziale Gerechtigkeit, Materialkreisläufe und generelle Bemühungen für eine nachhaltige Produktion tatsächlich ab?
Gesetzliche Vorschrift oder Zertifizierung?
Ein Produkt ist nicht nur zwingend dann nachhaltig, wenn es mit vielen Siegeln versehen ist. Auch ein schlichtes „Made in Germany“ kann in Teilen für Nachhaltigkeit stehen, weil beispielsweise Transportwege kurz sind und der CO2-Fußabdruck dadurch deutlich geringer ist. Zudem hat das Produkt meist eine längere Haltwertzeit. Hier hilft oft der Vergleich mit Dingen des alltäglichen Lebens: Ist die Kartoffel, die ich beim Bauern um die Ecke im fünf Kilo-Gebinde kaufe, weniger gut oder nachhaltig als die Bio-zertifizierte Kartoffel aus Frankreich im Supermarkt?
Die Bauproduktverordnung (EU) Nr. 305/2011 gilt für alle dauerhaft verbauten Produkte. Die neue E-BauPVO, seit Dezember 2024 in Kraft, erweitert den Anwendungsbereich auf Installationen und Baustellenfertigung. Sie enthält Nachhaltigkeitsregeln, führt den Digitalen Produktpass (DPP) ein und setzt strengere Umweltstandards. Die Normenüberarbeitung muss in 15 Jahren abgeschlossen sein. Dies sind keine freiwilligen Zertifizierunsleistungen, sondern gesetzliche Vorschriften.
Die ISCC-Zertifizierung
Für den Elektroinstallationsbereich gibt es derzeit drei Zertifizierungen, auf die in diesem ElektroSpicker näher eingegangen werden soll. Die erste ist die ISCC Zertifizierung.
Die nachhaltige Verwendung von Biomasse und Biokraftstoffen in der Produktion – diesen Vorgang belegt und zertifiziert die „International Sustainability & Carbon Certification“, kurz ISCC. Ziel ist es die Treibhausgase weltweit zu reduzieren, indem man eine nachhaltige Energieversorgung fördert. Die ISCC berücksichtigt bei der Zertifizierung folgende Kriterien:
- Kein Biomasseanbau auf kohlenstoff- oder artenreichen Flächen
- Biomasseproduktion soll umweltschonend erfolgen
- Gewährleistung sicherer Arbeitsbedingungen
- Achtung der Menschen-, Arbeits- und Landrechte
- Einhaltung aller lokalen und internationalen Gesetze
- Anwendung guter Managementpraktiken
Busch-Jaeger erhält die Zertifizierung, weil die Designabdeckung und Rahmen der Schalterserien future® linear, Busch-axcent® und solo® in studioweiß aus biozirkulärem Material hergestellt werden. Auch Produktionsstätten können übrigens ISCC-zertifiziert werden. So kann die gesamte Wertschöpfungskette vom Rohstoff bis zum Verkauf zurückverfolgt werden.
Die QNG-Zertifizierung
QNG steht für „Qualitätssiegel Nachhaltiges Gebäude“. Das Qualitätssiegel wurde durch das Bundesministerium für Wohnen, Stadtentwicklung und Bauwesen (BMWSB) entwickelt, um ein einheitliches Verständnis von Nachhaltigkeit zu fördern. Gleichzeitig soll das Siegel eine rechtssichere Grundlage für die Vergabe von Fördermitteln schaffen. Die Grundanforderungen, die man erfüllen muss, wenn man ein Qualitätssiegel Nachhaltiges Gebäude erhalten möchte, sind:
- Soziokulturelle und funktionale Qualität
- Ökonomische Qualität
- Ökologische Qualität
- Technische Qualität
- Prozessualität
- Komfort und Funktionalität
- Ressourceninanspruchnahme und Umweltwirkungen
- Effizienz, Kosten und langfristige Wertstabilität
Der Nachweis der Erfüllung allgemeiner und besonderer Anforderungen an die ökologische, soziokulturelle und ökonomische Qualität von Gebäuden muss erbracht werden. Bauherrinnen und Bauherren müssen die Schadstofffreiheit ihrer Baumaterialien gewährleisten. Laut
Anhang 3 des Siegeldokuments werden Schaltermaterialien aktuell vom QNG-Siegel nicht berücksichtigt, sodass beim Schalter-/Steckdosenmaterial keine speziellen Anforderungen hinsichtlich der Erlangung eines QNG-Siegels zu berücksichtigen sind. Busch-Jaeger hat aber beispielsweise die ersten Schalterprogramme extern prüfen lassen und eine QNG-ready Zertifizierung für Busch-balance® SI, future® linear, Busch-axcent®, Busch-art linear® erhalten.
Hier geht es um ein Zertifikat des „Cradle-to-Cradle Products Innovation Institute”. Bei „Cradle-to-Cradle” handelt es sich um einen Designanspruch bei dem unterschiedliche nachhaltige Attribute betrachtet werden: sichere Materialien, stetige Wiedergewinnung und Wiederverwertung von Materialien, sauberes Wasser, erneuerbare Energien und soziale Gerechtigkeit. Die Prinzipien bieten Raum für stetige Innovationen rund um wirtschaftliche, ökologische und soziale Themen im Hinblick auf Design und im Umgang mit Produkten und Services. Mit dem „Basic certification Level“ für „future® linear – Lichtschalter – studioweiß“ startete Busch-Jaeger den Weg in Richtung Zertifizierung. Das „Basic level of certification“ steht für die Intention, ständige Verbesserungen an der Produktion der Produkte vorzunehmen sowie für Engagement für permanente Bewertung und Optimierung der Prozesse.
Zusätzlich wurden auch die Schalterprogramme Busch axcent® und Busch-balance® SI durch das aktualisierte Zertifikat Cradle-to-Cradle Certified® Bronze zertifiziert. Busch-art linear® hat sogar das Silver Level der Zertifizierung erreicht. Inzwischen sind 60 % der Schalterdesigns Cradle-to-Cradle zertifiziert.
Fragen & Antworten (FAQ)
01Welche Siegel sind außerdem interessant?
Im deutschsprachigen Raum ist vor allem der Blaue Engel sehr bekannt. Diesen gibt es für über 100 Produktgruppen und Dienstleistungen wie z.B. Recyclingpapier-Produkte,
Lacke und Farben, Bodenbeläge, Möbel und auch für Elektrogeräte. Der Blaue Engel hat einen ähnlichen Prüfrahmen wie Cradle-to-Cradle. Wichtig ist auch das RoHS-Zertifikat. Es weist auf die Beschränkung der Verwendung bestimmter gefährlicher Stoffe in Elektro- und Elektronikgeräten (RoHS) hin: 2011/65/EU RoHS regelt die Verwendung und das Inverkehrbringen von Gefahrstoffen in Elektrogeräten und elektronischen Bauelementen.
02Ist das CE-Zeichen auch eine Art Umweltsiegel?
Das CE-Zeichen ist ein Hinweis darauf, dass ein Produkt vom Hersteller geprüft wurde und dass es alle EU-weiten-Anforderungen an Sicherheit, Gesundheitsschutz
und Umweltschutz erfüllt. Es ist Pflicht für alle weltweit hergestellten Produkte, die in der EU vermarktet werden. Es ist kein echtes Umweltsiegel, hat aber eine gewisse Siegelwirkung, da das Thema Nachhaltigkeit berücksichtigt wird.
03Worauf lohnt es sich abseits von Siegeln und Zertifikaten zu achten?
Es gibt viele Elektro-Geräte die einen Eigenverbrauch haben, ohne dass der Nutzer das bewusst wahrnimmt. Ein gutes Beispiel sind hier Bewegungsmelder im Außenbereich. Diese werden rund um die Uhr mit 230 V versorgt. Sie brauchen Strom, um nach Bewegung Ausschau halten zu können. Hier ist es entscheidenend auf den Eigenverbrauch
bzw. die Verlustleistung zu achten. Beim Busch-Wächter liegt der Eigenverbrauch beispielsweise bei 0,3 W und ist damit im Vergleich zu günstigeren Produkten deutlich geringer.