ElektroSpicker #039
Auslösecharakteristik bei Sicherungsautomaten
Welche Auslösecharakteristik sollte wann greifen? Welchen Ersatz gibt es für veraltete Auslösecharakteristiken?
Und wie rechnet man eigentlich Katalogwerte auf reale Bedingungen um?
Die Anforderungen für den „Schutz von Kabeln und Leitungen bei Überstrom“ sind in der DIN VDE 0100-430 festgelegt
Wenn der Strom durch Anstieg und Zeitdauer eine zu hohe Erwärmung erzeugt, soll der Sicherungsautomat sich selbsttätig abschalten. Die Abschaltung erfolgt dabei über zwei unterschiedliche Auslöser. Zum Schutz bei Kurzschluss wird der zeitlich nahezu unverzögerte Elektromagnetauslöser eingesetzt. Dieser arbeitet ausschließlich stromabhängig. Der Thermo-Bimetall-Auslöser dient dagegen zum Schutz bei Überlast. Das Auslösen wird durch die Erwärmung, d. h.durch das Zusammenspiel der Faktoren Strom und Zeit verursacht.
Dem Wunsch nach größtmöglichem Schutz, was die größtmögliche Sensibiliät der Sicherungsautomaten bedeutet, stehen unterschiedliche Betriebseigenschaften der Verbrauchsgeräte gegenüber.
Stromspitzen müssen ungehindert passieren können. Gleichzeitig muss aber bereits bei verhältnismäßig niedrigen, länger anstehenden Überströmen eine Abschaltung erfolgen. Deshalb sind je nach Art des zu schützenden Betriebsmittels verschiedene Auslösecharakteristiken für Sicherungsautomaten erhältlich.
Welche es gibt und wie sie sich unterscheiden, erklären wir im Folgenden
Anwendungen und Unterschiede
Wann nutze ich welche Auslösecharakteristik?
B, C und D für den Überstromschutz von
Leitungen nach DIN EN 60898-1 (DIN VDE
0641-11)
Auslösecharakteristik B:
Einsatz vorwiegend zum Kabel- und Leitungsschutz in Wohnhausinstallationen
(Licht-, Steckdosenstromkreise)
Auslösecharakteristik C:
Einsatz zum Kabel- und Leitungsschutz,
besonders für Geräte mit höheren Einschaltströmen (Lampengruppen, Motoren usw.)
Auslösecharakteristik D:
Einsatz zum Kabel- und Leitungsschutz,
besonders für Geräte mit sehr hohen Einschaltströmen (Schweißtrafos, Motoren
usw.)
Auslösecharakteristik K:
Zum Schutz von Wicklungen bei Motoren
und Transformatoren bei gleichzeitigem
Überstromschutz der Leitungen
Auslösecharakteristik Z:
Für Steuerstromkreise mit hohen Impedanzen, für Spannungswandlerkreise und
für Halbleiterschutz bei gleichzeitigem
Überstromschutz von Leitungen.
Unterschiede
Die thermische Auslösung der B-, C und D-Charakteristiken unterscheiden sich nicht. Lediglich die magnetische Auslösung variiert:
B: 3-5 x In
C: 5-10 x In
D: 10-20 x In
K und Z sind Ergänzungen zu den genannten Auslösecharakteristiken und haben folgende magnetische Grenzen:
Z: 2-3 x In
K: 10-14 x In
Die thermische Auslösung orientiert sich
näher am Betriebsstrom und sichert eine
Auslösung bei 1,2xIn innerhalb von 60
min. Im Vergleich zu 1,45xIn bei B-, C- und
D-Auslösecharakteristiken.
Historische Auslösecharakteristiken
Auslösecharakteristik H
Diese wurden vorwiegend innerhalb
Deutschlands in Haushalt-Stromkreisen
zum Leitungsschutz eingesetzt. Der
elektromagnetische Auslöser spricht zwischen dem 2-3fachen Wert des Nennstromes an. Sie wurde durch die Auslösecharakteristik L abgelöst. Ersatz je nach Anwendung durch die B- oder Z Charakteristik.
Auslösecharakteristik L
Diese wurden häufig zum Leitungsschutz
eingesetzt. Der elektromagnetische
Auslöser spricht etwa zwischen dem 3,5 bis 5-fachen Wert des Nennstromes an.
Ersatz ist durch B-Charakteristik möglich.
Auslösecharakteristik G
Diese wurden meist zum Geräteschutz
eingesetzt. Der elektromagnetische
Auslöser spricht etwa zwischen dem 2,5bis 10fachen Wert des Nennstromes an.
Er hatte eine sehr feine Justierung des
thermischen Auslösers von 1,05 bis 1,35.
Ersatz je nach Anwendung durch Z- oder
K-Charakteristik.
Derating
Die Auslegung von Sicherungsautomaten erfolgt meist auf der Basis von Katalogwerten. Um sicherzustellen, dass es zu keiner ungewollten Auslösung kommt, müssen Umrechnungsfaktoren (auch Derating genannt) für die Auslösebereiche berücksichtigt werden.
Wesentliche Deratingfaktoren sind:
• Abweichende Umgebungstemperatur
• Aneinanderreihung von Geräten
• Von 50/60 Hz abweichende Frequenz
Die abweichenden Umgebungstemperaturen haben dabei zusammen mit der Aneinanderreihung von Geräten lediglich einen Einfluss auf den thermischen Auslöser – der elektromagnetische Ansprechwert bleibt hierbei unverändert. Dieser muss dagegen bei abweichenden Frequenzen mit einem Faktor angepasst werden. Diese Frequenzabweichungen haben aber keinen Einfluss auf den thermischen Auslöser.
Beispiel: Ein Gerät mit einem Bemessungsstrom von beispielsweise 10A kann mit einer Auslösecharakteristik B bei einer Umgebungstemperatur von 30° C mit dem Bemessungsstrom von 10A genutzt werden. Bei einer Abweichung von z. B. 50° C Umgebungstemperatur, sollte dieser B10-Sicherungsautomat lediglich mit einem Strom von 8,8 A belastet werden.
❯❯ GUT ZU WISSEN. Auslösecharakteristiken müssen passend zum Schutzkonzept für Kabel und Leitungsanlagen ausgewählt werden.
Fragen und Antworten
01Was ist in DC-Systemen zu beachten?
In z.B. Steuerstromkreisen bei 24 oder 48 V DC können die ABB Standard Sicherungsautomaten der Baureihen S200/S200M eingesetzt werden.Bei der Berechnung der Auslösezeiten ist für den magnetischen Auslöser (z.B. bei einer B Charakteristik 3.5 x In) ein Faktor von 1,5 anzuwenden. Das bedeutet, dass der Auslösebereich der magnetischen Schnellauslösung im Bereich von 4,5…7,5 x In anspricht
02Wie ändert sich das Auslöseverhalten, wenn mehrere Geräte nebeneinander installiert sind?
Die thermische Beeinflussung von mehreren Sicherungsautomaten, welche direkt und ohne weiteren Abstand aneinander installiert sind, muss in der Auslösekurve des Thermobimetallauslösers berücksichtigt werden. Hierfür gibt ABB-Faktoren von 0,9; 0,8; 0,75 an, je nachdem wie viele Geräte direkt nebeneinander verbaut sind. Mit ≥6 Geräten ist der Faktor von 0,75 sowohl für die linke (I1) als auch rechte Grenze (I2) der Grafik auf Seite 2 zu berücksichtigen.