ElektroSpicker #019
Normgerechte Baustromverteilung
Was muss beachtet werden, wenn eine vorübergehende Anlage auf Baustellen errichtet wird? Welche Änderungen werden nach Ende der Übergangsfrist Pflicht?
Die Norm DIN VDE 0100-704 gilt für elektrische Anlagen, die für die Dauer von Bau- und Abbrucharbeiten errichtet und nach Ende der Arbeiten wieder außer Betrieb genommen werden. Darunter fallen beispielsweise:
- Baustellen mit Bauarbeiten an neuen Gebäuden
- Reparatur, Umbau, Erweiterung oder Abbruch vorhandener Bauwerke oder von Teilen vorhandener Bauwerke;
- unter Bau- oder Projektleitung durchgeführte Arbeiten;
- Erdarbeiten
Die Anforderungen sind nicht anzuwenden für Anlagen in Verwaltungsräumen von Baustellen (z.B. Büros, Umkleiden, etc.).
Ablauf der Normänderung
Die aktuelle Norm wurde Oktober 2018 veröffentlicht. Die Übergangsfrist endet am 18. Mai 2021. Alte Baustromverteiler dürfen nach Ortsveränderung (Seit Oktober 2018) nicht mehr verwendet werden. Es besteht Nachrüstpflicht oder eine neue, normgerecher Verteilung muss eingesetzt werden.
Änderungen im Überblick
- Einsatz von FI Typ B für gewisse Drehstromsteckdosen
- Einsatz einer Einrichtung zum Trennen der Einspeisung bei fest angeschlossenen Verteilern
- Schutz gegen Überspannungen
- Prüfung der Anlage
Anforderungen
01 Trennung der Einspeisung
Alle Baustromverteiler müssen über eine Einrichtung zum Trennen der Einspeisung verfügen, die
- in der AUS-Stellung abschließbar (z. B. durch Vorhängeschloss) ist.
- von Laien bedienbar ist.
Zusätzlich kann die Einrichtung auch eine Schutzfunktion übernehmen. Für Anschlussverteiler sind im Bereich vor dem Zähler zudem Schmelzsicherungen nach Vorgaben des EVU zu setzen.
02 Absicherung der Steckdosenstromkreise
Für den Fehlerschutz von Steckdosenstromkreisen werden LS und FIs verwendet. Für Steckdosenstromkreise (z. B. SCHUKO, CEE) mit einem Bemessungsstrom ≤ 32 A müssen ein LS und ein FI mit max. 30 mA Bemessungsfehlerstrom eingesetzt werden. Für Steckdosenstromkreise >32 A müssen FIs mit einem Bemessungsfehlerstrom ≤ 500 mA in Kombination mit einem LS eingesetzt werden.
❯❯ HINWEIS. Anstatt der Schutzmaßnahme „Automatische Abschaltung im Fehlerfall“ kann auch auf SELV/PELV oder einen Trenntrafo zurückgegriffen werden. Die Kombination aus FI und LS hat sich allerdings in der Praxis bewährt.
03 Welcher FI (RCD) muss eingesetzt werden?
Der einzusetzende FI-Typ richtet sich nach der Art der Steckdosen sowie der angeschlossenen Verbraucher:
- SCHUKO-Steckdosen: mind. Typ A, besser Typ F oder Typ B, falls moderne Verbraucher mit einphasigen Frequenzumrichtern angeschlossen werden.
- Drehstrom-Steckdosen (CEE) ≤ 63 A: Typ B
- Drehstrom-Steckdosen (CEE) > 63 A: mind. Typ A, falls Verbraucher mit Frequenzumrichtern (z. B. Aufzüge, Kräne, Betonmischer) angeschlossen werden, sind FI Typ B einzusetzen.
- Festangeschlossene, in der Hand gehaltene Betriebsmittel: mind. Typ A
❯❯ HINWEIS. Weitere Informationen zur Auswahl von FIs findest du im 📖 ElektroSpicker Nr. 15 „Normative Auswahl und Umsetzung von FIs (RCDs)“.
Wie kann so ein Baustromverteiler aussehen?
❯❯ IN EIGENER SACHE. Tabellen mit den zugehörigen ABB-Geräten findest Du 🔎 hier.
04 Überspannungsschutz
Schwere Baumaschinen, wie Kräne, Aufzüge, Betonmischmaschinen oder ähnliche Geräte, können Schaltüberspannungen verursachen, die Geräte im Baustromverteiler oder daran angeschlossene Verbraucher beschädigen können. Falls solche Geräte verwendet werden, sollten SPDs verbaut werden.
❯❯ IN EIGENER SACHE. Eine Zusammenfassung aller ABB-Überspannungsschutzgeräte inkl. Auswahlhilfe findest Du 🔎 hier.
Zum Schutz gegen Schaltüberspannungen eignen sich SPDs Typ 2.
Baukräne sind durch ihre Höhe anfällig für Blitzeinschläge. Hier ist der Einsatz eines Kombiableiters Typ 1 + 2 sinnvoll.
Fragen und Antworten
01Wie muss ein FI getestet werden?
Nach DGUV Information 203-006:
- Schutzmaßnahmen mit FI müssen mind. einmal pro Monat auf Wirksamkeit überprüft werden.
- Eine Funktionsprüfung des FIs durch Betätigen der Testtaste ist täglich vor Arbeitsbeginn durchzuführen.
- Achtung: FIs nach Typ B müssen auch auf die Funktionalität bei glatten Gleichfehlerströmen geprüft werden.
02Was ist beim Verlegen von Kabeln und Leitungen auf Baustellen zu beachten?
Baustellen sind für Kabel und Leitungen eine raue Umgebung. Es besteht ein erhöhtes Risiko durch Temperaturschwankungen, Bewegung von Fahrzeugen, korrosive Stoffe, eintretende Flüssigkeiten, Schlag und Biegung. Dies führt zu erhöhtem Verschleiß und Beschädigungen, weshalb hier ein besonderer Schutz gegen mechanische Beschädigungen vorgenommen werden sollte. Dies erfordert den Einsatz geeigneter Kabelschutzlösungen z. B. von PMA. Leitungen sollten, wenn möglich, keine Verkehrswege kreuzen.
03Wie oft muss ich den Baustromverteiler überprüfen?
Bei Erstinbetriebnahme muss eine Abnahme nach DIN VDE 0100-600 erfolgen. Die Wiederholungsprüfung nach DIN 0105-100 sollte einmal jährlich durchgeführt werden. Weitere Informationen zu Durchführung und Dokumentation findet sich in der DGUV Information 203-070.
04Was ist bei der Erdung von Baustromverteilern zu beachten?
Bei der Notwendigkeit von Erdungen auf Baustellen ist zu unterscheiden, welche Netzform vorliegt. Die BG Bau gibt hierzu in der DGUV Information 203-006 an, dass zur Sicherheit alle Verteiler mit einer lokalen Erdung ausgestattet werden sollten. In TT-Systemen ist das zwangsläufig gefordert.
05Was ist bei der Erdung von Baustromverteilern zu beachten?
Bei der Notwendigkeit von Erdungen auf Baustellen ist zu unterscheiden, welche Netzform vorliegt. Die BG Bau gibt hierzu in der DGUV Information 203-006 an, dass zur Sicherheit alle Verteiler mit einer lokalen Erdung ausgestattet werden sollten. In TT-Systemen ist das zwangsläufig gefordert.
06Wie kann die Sicherheit auf Baustellen noch erhöht werden?
Baustellen sind ein Ort mit einem hohen Risiko für Verletzungen, Brände oder andere Gefahren. Deshalb kann es notwendig sein, Einrichtungen für Sicherheitszwecke vorzusehen. Dies umfasst zum Beispiel Sicherheitsbeleuchtung zum Beleuchtung von Rettungswegen.